Robert Schumann: Faust-Szenen

Theater Luzern

8:00 PM

Ein installatives Oratorium.

http://www.theaterluzern.ch/faustszenen

Ein Rastloser, ein Ewig-Suchender, ein «Unbehauster ohne Zweck und Ruh» – das ist Faust. Obdachlos sowohl in emotionaler als auch ideeller Hinsicht, lädt Faust gleich mehrfach Schuld auf sich: Einerseits, indem er Gretchen verrät und sie in den Wahnsinn treibt, andererseits, indem er als Kriegsherr Menschen tötet und als frühkapitalistischer Unternehmer nach Besitz giert. Der nach Erkenntnis suchende Wissenschaftler mutiert zum egoistischen, mephistophelischen Subjekt: Fausts Suche nach dem, «was die Welt im Innersten zusammenhält», gerät zum Zerfallsprozess – seiner selbst und des ihn umgebenden Kosmos‘. Dabei sehnt er sich letztlich nach nichts als Ganzheit und Erlösung, Erlösung durch Gretchens Liebe.

Auch Robert Schumann suchte die Erlösung – als er sich an die Vertonung von Goethes Faust-Stoff machte, warf seine Geisteskrankheit bereits bedrohliche Schatten auf seine Seele. Gänzlich unchronologisch komponierte er zunächst das Finale, Fausts apotheotische Himmelfahrt – so, als hoffte er darauf, mit dieser fulminanten Auferstehungsperspektive seine inneren Ängste zum Schweigen zu bringen. Innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren, von 1844 bis 1853, folgten zwei weitere, der Apotheose vorangestellte Teile: Fausts Betrug an Gretchen sowie Fausts Drift in den Größenwahn. Entstanden ist ein Werk, das zwischen Oper und Oratorium changiert, das Szenen aus Faust I und Faust II narrativ verbindet und dennoch fragmentarisch bleibt, ein Werk, das Ganzheit suggerieren will, seine Risse aber nicht verheimlichen kann. Eben so, wie auch Schumann sich keine Heilung schenken konnte: Kurz nach Fertigstellung der Partitur beging er einen Suizidversuch und wurde in die Psychiatrie eingeliefert, wo er bald darauf starb. Die Faust-Szenen gerieten zu seinem Requiem.

Nur selten ist diese berührende Partitur in szenischer Umsetzung zu erleben: Benedikt von Peter vollzieht in seiner Regie die Faustsche Suche nach Erlösung auch räumlich nach, liefert ein Stationendrama, das den Kreuzweg eines Schuldigen, die Odyssee eines Liebenden und die Ich-Flucht eines Individuums gleichermassen reflektiert. Ein Mäandern zwischen den Welten: Beginnend im Theatersaal, im schwarzen Abgrund des Seelenraums, wo Faust mit seinem Schuld-Konflikt hadert, erleben wir in einem Transfer-Stop an der «Box» auf dem Theaterplatz, wie Faust sich zum grössenwahnsinnigen, politisierenden Agitator entwickelt. Und im dritten Teil strandet er, gemeinsam mit uns, in der Jesuitenkirche – auf der Suche nach Erlösung wohnt er seinem eigenen Requiem bei.

  • Einführung jeweils 45 Minuten vor Vorstellungsbeginn

 

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Theater Luzern